Mieten- und Preisentwicklung

Kann eine reine Bodensteuer nicht einfach wie bisher auf die Mieter überwälzt werden?

Grundsätzlich ja, aber durch verschiedene, teils zusammenwirkende Effekte würde eine als Bodensteuer ausgestaltete Grundsteuer letztendlich sowieso vom Vermieter getragen.

Die Grundsteuer ist gemäß Betriebskostenverordnung umlagefähig und Teil der Nebenkosten. Zwar wäre auch eine reine Bodensteuer weiterhin umlagefähig und Teil der Nebenkosten – jedenfalls solange die Umlage der Grundsteuer gesetzlich erlaubt bleibt. Die Zahllast dieser Steuer läge somit grundsätzlich weiterhin bei den Mietern. Aber erstens: Der Mietwohnungsmarkt konzentriert sich stark auf den Geschosswohnungsbau. Hier würde es mit einer Bodensteuer zu den stärksten Entlastungen kommen. Zweitens: Da man davon ausgehen kann und muss, dass zumindest von institutionellen Vermietern ihren Mietern schon heute Höchstmieten entsprechend ihrer jeweiligen Zahlungsbereitschaft abverlangt werden, würde sich eine nennenswerte Nebenkostenerhöhung, wenn überhaupt, nur dann durchsetzen lassen, indem die Kaltmiete länger als ohne Bodensteuer konstant bleibt und mittelfristig, etwa bei einem Mieterwechsel, womöglich sogar sinkt. Drittens: Weil die reine Bodensteuer einerseits baumotivierend und investitionsfreundlich wirkt und andererseits auch die hierfür notwendigen unbebauten oder schlecht genutzten Grundstücke mobilisiert, würde zudem mehr Wohnraum auf den Markt gelangen und entsprechend auf die Bodenpreise und Mieten drücken. Eigentümer bspw. von Baulücken oder von kleinen Mietobjekten auf wertvollen Grundstücken, die – gemäß kommunaler Planung – ohne Weiteres intensiver bebaut werden könnten und sollten, werden angeregt zu investieren. In der Folge wirkt sich all dies über den Mietspiegel auch auf die Bestandsmieten aus. Anders als bei einer Grundsteuer, die Baulücken und -brachen steuerlich verschont und im Wesentlichen Gebäude besteuert und damit zu einer Angebotsverknappung führt, würden also bei einer reinen Bodensteuer für viele Mieterinnen und Mieter tendenziell sowohl die Nebenkosten (Grundsteuer) sinken als auch die Kaltmieten – je nach örtlicher Wohnungsmarktsituation – sinken bzw. weniger stark steigen. Die eigentliche Traglast der Grundsteuer läge somit beim Eigentümer/Vermieter. zurück


Würde eine an die Bodenrichtwerte gekoppelte Grundsteuer nicht der Gentrifizierung Vorschub leisten und die Verdrängung einkommensschwacher Mieterinnen und Mieter fördern?

Im Gegenteil: Die Mehrzahl der Mieterhaushalte würde bei einer reinen Bodensteuer von sinkenden Nebenkosten profitieren. Mit steigendem Wohnraumangebot würde eine reine Bodensteuer zu sinkenden oder mindestens zu weniger stark ansteigenden Kaltmieten führen.

Die Kopplung der Grundsteuer an die Bodenrichtwerte (und somit die Bodenpreisentwicklung) unterstützt eine Wohnungspolitik, die sich gegen Gentrifizierung und die Verdrängung einkommensschwacher Mieter wendet. Grund für steigende Mieten und Verdrängung sind die nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage ansteigenden Bodenpreise, wofür die Grundsteuer heutiger Prägung, wie dargelegt, mitverantwortlich ist. Modellrechnungen zeigen nun, dass Mieterhaushalte einer als reine Bodensteuer ausgestalteten Grundsteuer gelassen entgegen sehen können. Denn eine reine Bodensteuer, die pro Wohnung bzw. Haushalt umso niedriger ausfällt, je höher die Ausnutzung des Grundstücks ist, würde vor allem Haushalte in Mehrfamilienhäusern (und damit mehrheitlich Mieterhaushalte) unmittelbar entlasten; im Durchschnitt würden sie weniger Grundsteuer zahlen als heute. Eine reine Bodensteuer würde einen Teil der (sowieso existierenden oder ansteigenden) Bodenrente abschöpfen und die Mieterinnen und Mieter entlasten, weil die Bodensteuer letztlich vom Vermieter getragen wird, nicht vom Mieter (siehe dazu auch die erste Frage in diesem Kapitel). Langfristig würde dies zusätzlich zu sinkenden Bodenrichtwerten führen. Außerdem würde eine Bodensteuer zu einem steigenden Angebot an Wohnraum führen, was sich ebenfalls in sinkenden oder weniger stark ansteigenden Preisen niederschlagen würde. Eine gebäudebasierte Grundsteuer hingegen belohnt das Spekulieren und Zurückhalten von unbebauten oder untergenutzten Grundstücken, führt also zu einer künstlichen Verknappung des Angebots und verteuert damit das Wohnen. Grundsätzlich sollten soziale Härten und Ungleichheiten mit anderen Methoden außerhalb der Steuerberechnung korrigiert und ausgeglichen werden. Die Grundsteuer in Form einer reinen Bodensteuer wirkt zwar dämpfend auf Bodenpreise und Mieten, ist aber – ganz gleich, welches Modell – kein Allheilmittel für eine sozial gerechte Stadtentwicklung. zurück


Kann die Überwälzung der Grundsteuer auf die Mieterinnen und Mieter nicht grundsätzlich durch gesetzliche Regelungen unterbunden werden?

Rechtlich ja, faktisch leider nein! Eine Gebäudesteuer(komponente) ist letztlich immer überwälzbar, unabhängig davon, ob es „erlaubt“ oder „verboten“ ist. Wenn die Überwälzung verboten würde, käme es zu steigenden Kaltmieten.

Das Mietrecht einmal außer Betracht gezogen, geschieht je nach Ausgestaltung der Grundsteuer, gesamtwirtschaftlich betrachtet, Folgendes: Der Gebäudeeigentümer als Vermieter hat eine bestimmte Renditeforderung, die durch eine gebäudebezogene Grundsteuer geschmälert wird. In Konsequenz kann er Sanierung, Renovierung oder Aufstockung reduzieren bzw. unterlassen. Verhält sich die Masse der Gebäudeeigentümer entsprechend, werden die Gebäudeflächen solange verknappt, bis die alten Renditeforderungen – trotz Gebäudesteuer – wieder erreicht sind. Aufgrund der erhöhten Knappheit zahlt der Mieter eine höhere Miete und trägt langfristig selbst dann die gebäudebezogene Grundsteuer, falls das Recht etwas anderes sagen würde. Eine weitere unerwünschte Folge ist gesamtwirtschaftlich die Reduktion an Wohnraum. Die Überwälzung einer Steuer ist immer dann gut möglich, wenn der Steuerzahler der Steuer ausweichen kann (Ökonomen sprechen hier von einem elastischen Angebot). Weil der Gebäudeeigentümer auf die Besteuerung reagieren kann, befindet er sich in einer relativ starken Position. Eine Grundsteuer heutiger Prägung mit einem starken Gebäudewertanteil ist daher – mit oder ohne entsprechender mietrechtlichen Regelung – vergleichsweise leicht auf Mieter abwälzbar. (Das Mietrecht geht also in diesem Punkt gewissermaßen konform mit den gesamtwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten.) Hingegen trifft eine bodenwertbezogene Steuer den Eigentümer des Grundstücks unabhängig davon, wie er sich verhält. Zwar kann de jure auch eine bodenwertbezogene Grundsteuer auf die Mieter überwälzt werden. Aber der Eigentümer kann der Steuer nicht ausweichen, weder Gebäudeinvestitionen noch Desinvestitionen würden sich auf die Höhe der Grundsteuer auswirken, und das Bodenangebot ist zumindest kurzfristig weitgehend unelastisch. zurück


Wird Bauland durch eine bodenwertbezogene Grundsteuer nicht teurer?

Im Gegenteil! Die reine Bodensteuer stimuliert die Bebauung baureifer Grundstücke und sorgt mittelbar für ein steigendes Angebot und somit für sinkende bzw. weniger stark steigende Bodenpreise.

Der Bodenwert ergibt sich im Wesentlichen aus den zukünftigen Erträgen, die mit einem Grundstück zu erzielen sind. Eine Bodenwertsteuer schöpft einen Teil dieser Erträge ab. Durch die Besteuerung des Bodenwerts sinkt der Preis der Grundstücke um den Barwert der Steuerbelastung. Gleichzeitig übt die Steuer einen sanften Druck auf ihr Grundstück nicht effizient nutzende Eigentümer aus, dieses auf den Markt zu bringen: Investitionen in Sachkapital würden rentabler werden – mit der Folge eines steigenden Angebotes. Beides zusammen genommen bedeutet, dass sich eine Bodenwertsteuer dämpfend auf die Bodenpreise auswirkt – im Gegensatz zu einer Grundsteuer mit Gebäudebezug. Wissenschaftliche Forschungen über entsprechende, in anderen Staaten teils seit Jahrzehnten existente Bodensteuern weisen die preisdämpfende und wachstumsfördernde Wirkung auch empirisch nach. zurück


Wären in Gemeinden mit stark steigenden Bodenpreisen viele Eigentümer nicht überfordert von einer Bodensteuer?

Eigentümer, die sich in solchen Gemeinden Grundstücke bzw. Häuser oder Wohnungen leisten können, sind i.d.R. auch in der Lage, die Grundsteuer zu bezahlen.

Grundsätzlich liegt es in der Hand der Gemeinde, bei steigenden Bodenwerten mit einer Anpassung der Hebesätze nach unten zu reagieren. Tut sie dies nicht, führen steigende Bodenpreise zu steigenden Grundsteuereinnahmen. Das kann durchaus gerechtfertigt sein, wenn nämlich steigende Bodenpreise Ausdruck eines verbesserten kommunalen Leistungsangebots sind. Steigende Bodenpreise erhöhen grundsätzlich auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der privaten Grundeigentümer, denn es sind ja ihre Grundstücke, die an Wert gewinnen. In Gemeinden mit stark steigenden Bodenpreisen herrscht im Allgemeinen eine hohe Nachfrage nach Flächen und Wohnraum. Eigentümer, die sich hier Grundstücke bzw. Häuser oder Wohnungen leisten können, sind i.d.R. auch in der Lage, die Grundsteuer zu bezahlen. (Hinsichtlich der auf Mieter umlegbaren Grundsteuer siehe Fragen/Antworten weiter oben.) Unter einen gewissen (sanften) Investitionsdruck geraten diejenigen Eigentümer, die ihre Grundstücke zu spekulativen Zwecken oder schlicht aus Trägheit dem Markt vorenthalten, denn auch sie müssen die Bodensteuer zahlen. Bleiben sie inaktiv und investieren nicht, tragen sie wenigstens einen angemessenen Anteil zur Finanzierung derjenigen kommunalen Angebote und Leistungen bei, welche auch ihre Grundstücke beständig in Wert setzen und halten. Für stark betroffene Selbstnutzer einer Immobilie, etwa ältere Menschen, die in ihr Eigenheim nicht mehr investieren wollen oder denen keinerlei flüssige Eigenmittel zu Investitionszwecken zur Verfügung stehen, könnte der Gesetzgeber Stundungsregelungen vorsehen, wie dies bereits in anderen Ländern praktiziert wird. zurück


In von Spekulation betroffenen Gebieten steigen die Bodenrichtwerte. Das betrifft auch bereits bebaute Grundstücke, die möglicherweise gar keine Spekulationsobjekte sind. Ist die Kopplung der Bodensteuer an den Bodenrichtwert daher nicht problematisch? Setzt die Bemessung der Grundsteuer über den Bodenrichtwert nicht Anreize, steigende Bodenrichtwerte durch spekulatives Verhalten auszunutzen?

Es gilt, zwischen Bodenpreisen und Bodensteuer zu unterscheiden. Ob die Bodenrichtwerte steigen oder fallen, bestimmt im Wesentlichen der Markt. Zudem trägt eine gebäudebezogene Grundsteuer zur Angebotsverknappung und somit zu steigenden Grundstückspreisen bei. Eine reine Bodensteuer auf Basis der Bodenrichtwerte schöpft einen Teil der Bodenrente ab, die der Eigentümer/Vermieter vereinnahmt, obwohl er nichts Eigenes dazu beigetragen hat (Rente = sogenanntes leistungsloses Einkommen). Ein Verzicht auf die Besteuerung der Bodenrente hat einzig zur Folge, dass der Eigentümer/Vermieter alles einbehält. Dann würde nur er von den steigenden Bodenpreisen profitieren und nichts davon zurück an die Gemeinde fließen. Eine reine Bodensteuer hat eine dämpfende Wirkung auf die Preise. zurück