FAQs: Kommunale Planung und Lenkungswirkung

Soll oder darf die Grundsteuer Lenkungswirkungen haben?

Die reine Bodensteuer ist eine neutrale Steuer, eine reine sog. Fiskalsteuer, und verfolgt für sich betrachtet gar keine Lenkungsziele. Eine Umstellung auf eine reine Bodensteuer würde die von der heutigen Grundsteuer ausgelösten Lenkungswirkungen (Fehlanreize und Verzerrungen am Grundstücksmarkt) einmalig zurücknehmen und die Erreichung von Lenkungszielen anderer Instrumente, insbesondere der kommunalen Planung, unterstützen.

Mit jeder Art von Grundsteuer gehen – beginnend mit der Wahl der Bemessungsgrundlage – Lenkungswirkungen einher, teils vom Gesetzgeber gemäß den Anforderungen der Zeit bewusst gewählte, teils wissentlich oder unwissentlich in Kauf genommene. So führt die heute gültige Grundsteuer etwa zur Vernachlässigung von Investitionen in Gebäude (in Kauf genommen) oder fördert durch entsprechend herabgesetzte Steuermesszahlen das Wohnen in Ein- und Zweifamilienhäusern (bewusst gewählt). Lenkungswirkungen bzw. bewusst gewählte Lenkungsziele sind neben Fiskalzielen rechtlich zulässig. Fest steht auch: Eine hauptsächlich als Gebäudesteuer ausgestaltete Grundsteuer führt zu Fehlanreizen und entsprechenden Verzerrungen am Markt und arbeitet gegen die kommunale Planung (bestraft die Verwirklichung bspw. der Bauleitplanung). Eine reine Bodensteuer hingegen ist eine reine Fiskalsteuer. Sie verhält sich also neutral und verfolgt per se keine Lenkungsziele, löst also auch keine Fehlanreize und Verzerrungen am Markt aus. Bauliche Investitionen des Grundstückseigentümers würden weder bestraft noch belohnt. Vielmehr würde sie die von der heutigen Grundsteuer ausgelösten Lenkungswirkungen (Fehlanreize und Verzerrungen am Grundstücksmarkt) zurücknehmen, sozusagen auf „Null“ stellen. Das „Schöne“ an der reinen Bodensteuer, die aus sich selbst heraus keine Lenkungswirkungen entfaltet, ist, dass sie andere Instrumente (v.a. die Bauleitplanung) sinnvoll ergänzt statt sie zu konterkarieren – man bezeichnet sie daher auch als „super-neutrale“ Steuer. zurück


Kann eine aufkommensneutrale Reform der Grundsteuer zu einer reinen Bodensteuer die kommunale Planung wirksam unterstützen?

Eine reine Bodensteuer nimmt bestehende Fehlanreize und Marktverzerrungen zurück und unterstützt die Erreichung der Lenkungsziele anderer Instrumente.

Jede Strukturreform der Grundsteuer führt zu Belastungsverschiebungen. Wie stark diese ausfallen, ergibt sich v.a. aus der Höhe des Steuersatzes. Um die Akzeptanz der Strukturreform als solcher zu erhöhen, sollten die Belastungsverschiebungen zunächst begrenzt werden und sich in einem moderaten Rahmen bewegen. Deswegen empfiehlt sich die Orientierung an der Aufkommensneutralität, wie sie auch von der Länderfinanzministerkonferenz vertreten wird. Allerdings soll der konkrete Steuersatz weiterhin mittels Hebesatz durch die Kommunen autonom festgelegt werden können, so dass jeder Kommune auch individuelle Anpassungen offen stehen. Wissenschaftliche Forschungen über die in anderen Staaten teils seit Jahrzehnten existente Bodensteuer zeigen, dass mit einer solchen Steuer unerwünschte Marktverzerrungen und negative Lenkungseffekte zurück genommen werden und die Erreichung der Lenkungsziele anderer Instrumente wie etwa der kommunalen Planung unterstützt wird. Auch wenn die positiven Wirkungen der reinen Bodensteuer bei Aufkommensneutralität vermutlich moderat ausfallen werden, wäre mit ihr auf alle Fälle für ein hohes Maß an Steuergerechtigkeit gesorgt (siehe FAQs zum Thema Gerechtigkeit). zurück


Setzt eine Grundsteuer ohne Gebäudekomponente nicht die Hauseigentümer zu sehr unter Druck?

Eine reine Bodensteuer würde einen sanften Druck auf die Grundstückseigentümer ausüben, ihr Grundstück entsprechend den Vorgaben der kommunalen Planung zu bebauen und zu nutzen.

Es ist regelmäßig ein Ärgernis, wenn hochwertige Grundstücke z.B. aus spekulativen Gründen gar nicht oder nur geringfügig genutzt werden, wenn die (energetische) Sanierung und Instandhaltung von Gebäuden insbesondere in guten Lagen unterbleibt etc. Soweit die Grundsteuer die Gebäude belastet, verstärkt sie diese Fehlentwicklungen – sie belastet die Inwertsetzung in ähnlicher Weise wie höhere Zinsen. Durch solche und ähnliche Unterlassungen wird die Gemeinschaft geschädigt: Heruntergekommene Gebäude lösen den Wertverfall ganzer Quartiere aus, blockierte Grundstücke in den Innenbereichen drängen willige Nutzer in periphere Lagen ab. Eine reine Bodensteuer sorgt einerseits für ein hohes Maß an Steuergerechtigkeit (siehe FAQs zum Thema Gerechtigkeit) und übt einen – sanften – Druck auf die Grundstückseigentümer aus, ihre Immobilie im Rahmen der planerischen Vorgaben zu nutzen, gut instand zu halten, zu modernisieren oder auch energetisch zu sanieren. Auch bei Unternutzung haben sie dieselbe Steuer wie bei bestmöglicher Nutzung zu bezahlen. Bei unterlassener Instandhaltung haben sie dieselbe Steuer zu entrichten wie der Eigentümer einer sanierten und renovierten Immobilie, können ihre aber nicht so leicht vermieten. Eine reine Bodensteuer verteuert also – sanft – jene Handlungen bzw. Unterlassungen der Grundstückseigentümer, die letztlich die Gemeinschaft schädigen. Damit fördert sie Investitionen in Gebäude, mit allen damit verbundenen positiven Effekten auf die Bauwirtschaft, ohne die staatlichen Haushalte zusätzlich zu belasten. Bleiben Grundstückseigentümer inaktiv und investieren nicht, tragen sie wenigstens einen angemessenen Anteil zur Finanzierung derjenigen kommunalen Angebote und Leistungen bei, welche auch ihre Grundstücke beständig in Wert setzen und halten. Für stark betroffene Selbstnutzer einer Immobilie, etwa alte Menschen, die in ihr Eigenheim nicht mehr investieren wollen oder denen keinerlei flüssige Eigenmittel zu Investitionszwecken zur Verfügung stehen, könnte der Gesetzgeber Stundungsregelungen vorsehen (wird in anderen Ländern praktiziert). zurück


Würde die Einführung einer separaten Grundsteuer (Baulandsteuer / Grundsteuer C) oder eines separaten Grundsteuerhebesatzes für unbebaute, aber bebaubare Grundstücke als Anreiz zur Bebauung von Baulücken nicht völlig ausreichen und wäre das nicht zielführender?

Eine Grundsteuer C ist keine adäquate Alternative zu einer Bodensteuer, da sie aufwändiger und konfliktbelasteter wäre und gleichzeitig weniger effektiv.

Eine Sondersteuer auf Baulücken u.ä. würde im Vergleich zu einer allgemeinen Bodensteuer den Prüf- und Verwaltungsaufwand deutlich erhöhen und wäre streitbefangen. Außerdem würden damit nur reine Baulücken und ähnliche, mehr oder weniger einfach zu definierende Fallkonstellationen erfasst. Teilbebaute Grundstücke mit Ausnutzungsreserven sowie Grundstücke mit leer stehenden oder untergenutzten Gebäuden würden weiterhin steuerlich begünstigt. Entsprechendes gälte für einen separaten Hebesatz, weil auch hier mit großen Schwierigkeiten bestimmt werden müsste, für welche Grundstücke dieser zu gelten hätte und für welche nicht. Zusätzlich unterläge dieser dem interkommunalen Wettbewerb. Damit bestünde die Gefahr, dass nur wenige Gemeinden dieses Instrument überhaupt einsetzen (Stichwort: Wettbewerb „nach unten“). zurück


Kann die kommunale Planung nicht besser durch ordnungsrechtliche Maßnahmen wie bspw. Baugebote, Enteignungen oder Leerstandsabgaben verwirklicht werden?

Die genannten ordnungsrechtlichen Maßnahmen stehen den Kommunen grundsätzlich schon heute zur Verfügung, spielen aber in der Praxis kaum eine Rolle und werden wohl auch künftig nicht an Bedeutung gewinnen. Sie taugen auch nicht für eine breite Anwendung, sondern sind für Ausnahmefälle gedacht, und sie sind streitanfällig. zurück


Können Investitionen nicht besser durch Subventionen wie bspw. Zuschüsse und Kreditverbilligungen der KfW-Bank befördert werden?

Eine als Bodensteuer ausgestaltete Grundsteuer erzielt eine Breitenwirkung, die mithilfe von Subventionen praktisch unerreichbar ist. Gänzlich kostenfrei für den Staat regt sie zu fortwährender Modernisierung und Instandhaltung des Gebäudebestands an.

Die staatliche finanzielle Förderung ist natürlich hilfreich und wichtig, keine Frage. Sie hat aber auch ihre Grenzen. Die Anzahl von mit KfW-Mitteln geförderten Wohneinheiten (Bestandsbauten) lag in den Jahren 2012 bis 2014 bei durchschnittlich rd. 250.000 pro Jahr. Dafür stellte der Bund Haushaltsmittel für Zuschüsse und Zinsvergünstigen von um die 700.000 bis 800.000 Mio. Euro pro Jahr zur Verfügung (im Durchschnitt also gerade mal 3.000 Euro pro Wohneinheit). Das Zusagevolumen, also Kreditvolumen inkl. Förderung, summierte sich auf rd. 4 Mrd. Euro pro Jahr (16.000 Euro pro WE). Ein Vergleich der Anzahl geförderter Wohneinheiten mit dem Gesamtwohnungsbestand in Deutschland (41 Mio. WE) zeigt, dass es auf dem zitierten Förderniveau rd. 160 Jahre bräuchte, um jede Wohneinheit nur wenigstens einmal „anzufassen“. (Wobei unter den 250.000 Fällen und bei 16.000 Euro pro Fall, zzgl. Eigenkapital vielleicht 20.000 Euro, natürlich viele Teilsanierungen, also im Grunde genommen „unfertige“ Sanierungen enthalten sind.) Damit dürfte klar sein, dass die staatliche Förderung nur eines von vielen Anreizmitteln sein kann und dass weitere, vor allem breitenwirksamere Anreize für Investitionen benötigt werden. Im Übrigen stiege die jährliche Grundsteuerlast nach Sanierung – bei einer künftigen Orientierung der Grundsteuer an Gebäudewerten, wir bleiben bei der o.g. Durchschnittsförderung – aufgrund der getätigten Investition und der daraus sich ergebenden Wertsteigerung um immerhin 20 Euro (= 0,1% von 20.000 Euro Gesamtinvestitionssumme; die durchschnittliche Grundsteuerlast beträgt grob in etwa 0,1% vom Gesamtgrundstückswert). Bei umfassenderen Investitionen können daraus schnell 100 Euro Zusatzbelastung und mehr werden (jährlich wiederkehrend!). Eine als Bodensteuer ausgestaltete Grundsteuer würde sich nach Investition nicht erhöhen und erzeugt, kostenfrei für den Staat, einen eigenen – sanften – Druck auf Modernisierung und Instandhaltung. zurück