FAQs: Verfassungsfragen und Allgemeines

Dürfen wir unter Würdigung der Rechtstradition bei der Grundsteuer einfach auf die Besteuerung des Gebäudes verzichten?

Das Grundgesetz schreibt weder die Erhebung bestimmter Steuern noch gar bestimmte Bemessungsgrundlagen vor.

Neue gesellschaftliche Herausforderungen und neue Daueraufgaben verlangen nach neuen gesetzgeberischen Antworten. Ein Festhalten an der alten Rechtstradition der Grundsteuer als einer Steuer auf Boden und Gebäude ist nicht mehr zeitgemäß. Das Bundesverfassungsgericht betont regelmäßig den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, zuletzt in seinem Urteil vom 10. April 2018 über die nicht länger mit dem Grundgesetz vereinbare Einheitsbewertung. Die obersten Gerichte haben in der Vergangenheit zu Recht den Einheitswert kritisiert und eine am Verkehrswert orientierte bzw. realitätsgerechte Bewertung gefordert. Die Bemessungsgrundlage müsse geeignet sein, die Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abzubilden. Das heißt aber keineswegs, dass der Gesetzgeber bei der Grundsteuer an einer verbundenen Bemessungsgrundlage festhalten muss. Vielmehr kann eine reine Bodensteuer verfassungsgemäß begründet und ausgestaltet werden. Das Grundgesetz schreibt weder die Erhebung bestimmter Steuern noch gar bestimmte Bemessungsgrundlagen vor. Der allgemeine Gleichheitssatz (Grundgesetz Art. 3 Abs. 1) und die daraus abgeleiteten, steuerrechtlichen Verfassungsmaßstäbe Realitätsgerechtigkeit, Folgerichtigkeit und Leistungsfähigkeit (Leistungskraft) ließen sich mit der Bodensteuer tadellos einhalten. Eine reine Bodensteuer wäre eine gänzlich neutrale, lenkungsfreie Steuer, eine reine sog. Fiskalsteuer, und somit eine ideale Steuer. Die im Rechtsverkehr üblicherweise als wesentliche Grundstücksbestandteile betrachteten Aufbauten können (und sollten) zu Grundsteuerzwecken getrost unberücksichtigt bleiben (siehe FAQ’s zum Thema Grundstücksbewertung und Bemessungsgrundlage). zurück


Das Bundesverfassungsgericht hat am 10. April 2018 die aktuelle Grundsteuer für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Welche Folgen hat dieses Urteil?

Die „alte“ Grundsteuer duldet das Bundesverfassungsgericht nur noch übergangsweise, allerdings mit einer großzügigen Frist. Bis zum 31.12.2024 bleibt die „alte“ Grundsteuer noch in Kraft. In seinem Urteil hatte das Bundesverfassungsgericht diese Option offen gelassen, sofern bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung vom Gesetzgeber auf den Weg gebracht wird. Dieser Frist ist der Bund mit seiner Neuregelung vom 08.11.2019 nachgekommen. Die fünfjährige Übergangsfrist für die Umsetzung der neuen Grundsteuer hat der Bund in seinem Gesetz übernommen. Diese Übergangsfrist benötigen insbesondere die Reformmodelle mit Gebäudekomponente, da sie mit einem erheblichen personellen, aber vor allem zeitlichen Aufwand verbunden sind. Unklar ist, ob die diskutierten Reformmodelle mit Gebäudekomponente fristgerecht bis zum 31.12.2024 umgesetzt werden können. Eine reine Bodensteuer könnte dies gewährleisten und bietet sich als unbürokratisches und schnell umzusetzendes Grundsteuersystem an. zurück


Da es in Deutschland derzeit keine Vermögensteuer gibt, ist die Grundsteuer die einzige Steuer, die einen Teil des Vermögens (wenn auch unscharf) erfasst. Würde eine reine Bodensteuer somit nicht diese rudimentäre Vermögensbesteuerung gänzlich abschaffen?

Die Grundsteuer ist keine Vermögensteuer und sollte auch nicht als Ersatz dafür betrachtet werden.

Die Grundsteuer besteuert zwar das Grundvermögen, ist aber kein Ersatz für eine Vermögensteuer. Die Grundsteuer soll lediglich einen grundstücksbezogenen Gegenwert zu den Leistungen der öffentlichen Hand darstellen und die Kommune in Ihren Planungsvorhaben unterstützen. Um diese Wirkung zu entfalten muss die Grundsteuer unabhängig von der Vermögenssteuer gedacht werden und nicht als eine „Vermögensteuer light“ (miss)verstanden werden. Wenn der politische Wille besteht, Vermögen angemessen und in geeigneter Weise zu besteuern, könnte und sollte das durch eine eigenständige Vermögensteuer erfolgen. zurück


Welche Erfahrungen machen andere Staaten mit der Bodensteuer?

Eine ganze Reihe von Staaten kennt die Grundsteuer als Bodensteuer, so etwa Dänemark, Litauen, Estland sowie Teile der USA, von Australien und Neuseeland. Trotz teils vorhandener Schwächen bei den realisierten Regelungen ziehen die betreffenden Volkswirtschaften bzw. die dortigen Kommunen aus der Bodensteuer einen erheblichen Nutzen, und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der genannten Staaten erklärt sich zu einem guten Teil ebenfalls daraus (reduzierte Kapitalbindung im Boden, meist niedrigere Steuern auf Kapital und Arbeit, dadurch verbesserte Bodenallokation und angeregte Investitionstätigkeit und Wachstumseffekte). zurück


Was soll sich bei der Grundsteuer A (der Grundsteuer auf agrarisch genutzte Flächen) ändern?

Die Grundsteuer A ist nicht Gegenstand des Aufrufs „Grundsteuer: Zeitgemäß!“. Es ist jedoch unbestritten, dass auch die Grundsteuer A reformbedürftig ist. zurück